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Friedenspfad - Ein Stadtrundgang zu Denkmalen und Orten des Gedenkens in Lüneburg


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Güterbahnhof, Ort des Gedenkens an die Ermordung von KZ-Häftlingen

„Das Mahnmal im Tiergarten. Eine Gedenkstätte zum Tod von 256 KZ-Häftlingen am 7. April 1945“

von Helen O‘Gorman (Wilhelm-Raabe-Schule)
 
Das Mahnmal im Tiergarten ist ein Gräberfeld für 256 KZ-Häftlinge, die am 7. April 1945 und den Folgetagen in Lüneburg gestorben sind. Es liegddt unweit der Bahnstrecke in Höhe Wilschenbruch und besteht aus einem umzäunten Gelände mit Einzelgräbern und einem Gedenkstein sowie zwei Textta-feln.

Die meisten dieser Häftlinge kamen mit einem Zug aus dem KZ Wilhelmshaven „Alter Banter Weg“, das ein Außenlager des KZ Neuengamme war und in dem nur männliche Häftlinge untergebracht waren.1
Ab Anfang April 1945 rückten die Alliierten von Südwesten nach Norddeutschland vor und befreiten alle Konzentrationslager.2 Am 18. April 1945 gab Reichsinnenminister Himmler dem KZ Flossenbürg den Befehl „ (…) Kein Häftling darf lebend in die Hände des Feindes fallen“ 3 - es wird davon ausge-gangen, dass ein ähnlicher Befehl an alle Konzentrationslager ging. Wilhelmshaven und viele andere Außenlager des KZ Neuengamme wurden daraufhin evakuiert. Die Häftlinge wurden gezwungen, zu Fuß oder in Güterwaggons teilweise mehrere hundert Kilometer zurückzulegen, wobei sie mehrfach die Richtung wechselten, je nach Berichten über das Vorrücken der Alliierten.5

Die meisten Häftlinge (ca. 600) des Außenlagers Wilhelmshaven marschierten zu Fuß zum KZ Sand-borstel in der Nähe von Bremervörde. Die anderen kranken und an Fußverletzungen leidenden KZ-Häftlinge wurden am 3. April 1945 in vier Güterwaggons von Wilhelmshaven Richtung Lüneburg transportiert, von wo sie wahrscheinlich weiter zum KZ Neuengamme gebracht werden sollten.6 Insgesamt fuhren 390 Häftlinge mit, die meisten von ihnen Franzosen.6In den ersten drei Waggons waren jeweils 110 Gefangene und im vierten befanden sich weitere sechzig Gefangene sowie 17 Marineinfanteristen und der Truppenführer Gustav Alfred Jepsen. Der Zug hielt unterwegs in Sande, Oldenburg und Bremen zum Lokomotivwechsel sowie in Bremen-Huchting, wo die Weser auf einem Fährboot überquert wurde.  Vor Antritt der Fahrt hatte jeder Häftling ein halbes Laib Brot erhalten; während der Fahrt gab es weder Nahrung noch Wasser, viele wurden krank und starben.

Es blieb kein Platz für Mitgefühl oder sogar ein gemeinsames Planen von Aufständen. Einer der Überlebenden dieses Zuges sagte später: „Im Kampf um das eigene Überleben waren die Häftlinge gezwungen, keine Rücksicht auf ihre Mitgefangenen zu nehmen.“7 Die Hitze und schlechte Luft in den Waggons brachten Kämpfe um die Plätze an den Belüftungsschächten mit sich, die für einige sogar tödlich endeten. 

Nach dem Überqueren der Weser wurde ihr Zug an einen Versorgungszug der Wehrmacht angeschlos-sen und außerdem ein fünfter Waggon hinzugefügt, in den die Toten und Schwerstkranken kamen. 
Nach vier Tagen und Nächten Fahrt erreichte der Zug am Morgen des 7. April 1945 Lüneburg und wurde auf Gleis 31 abgestellt. 8 Er wartete dort wahrscheinlich auf einen weiteren Lokwechsel. Dies war jedoch nicht bis um 13 Uhr geschehen, als der erste Bombenalarm losging. Die Häftlinge durften den Zug nicht verlassen, und obwohl zwei Stunden bis zum ersten Angriff verstrichen, blieben die Häftlinge eingesperrt und wurden sogar noch von drei Wachmännern bewacht, während die anderen Soldaten und Jepsen in einem nahegelegenen Haus Schutz suchten.9

Die Amerikaner griffen Lüneburg in vier Wellen an. Das Ziel dieser Angriffe war der Güterbahnhof Lüneburgs, um die Nachschubversorgung zu unterbrechen. Dabei wurden Truppentransporte von Wehrmachtssoldaten getroffen und die Schienen völlig zerstört. Außerdem wurden Versorgungswagen und mit Benzin gefüllte Kesselwagen getroffen, die explodierten. Der Güterzug mit den Häftlingen war nicht von anderen Güterzügen zu unterscheiden und wurde ebenfalls bombardiert. Ein Waggon wurde direkt getroffen und die Druckwelle  drückte teilweise die Türen der anderen Waggons auf. Viele Häftlinge waren sofort tot, einige konnten jedoch fliehen, obwohl die Wachmänner auf sie schossen. Sie entkamen in nahegelegene Bunker, ins Rote Feld und in die Innenstadt.10Die meisten dieser Häftlinge wurden in den nächsten Tagen jedoch auf Grund eines Artikels in der „Lüneburger Zeitung“ wieder eingefangen.11Nur zwei Häftlingen wurden nicht wieder eingefangen: die Franzosen Albert de Clerq und Roger Garoute. 

Nach dem Bombenangriff wurden die überlebenden Häftlinge vom Bahnhof auf ein Feld in der Nähe gebracht, wo sie zwei Tage lang spärlich oder gar nicht bekleidet in der Kälte ohne Essen verbringen mussten. In dieser Zeit wurden immer wieder Häftlinge erschossen, teilweise weil sie sich widersetzten, manchmal auch ganz ohne Grund. Dann wurden zwei LKWs mit Häftlingen „beladen“ und in das KZ Bergen-Belsen gebracht. Einer der Überlebenden dieses Zuges, Henri Didier, glaubt, dass sie anhand ihrer Marschfähigkeit ausgewählt wurden. Und daran, ob sie Schuhe trugen, oder nicht.13

Vom 10. bis 12. April wurden die Leichname unter Aufsicht der Lüneburger Polizei im Tiergarten „beseitigt“: zuerst mussten die französischen Häftlinge eine große Grube ausheben. Als sie am ersten Tag nicht fertig wurden, weigerten sie sich am folgenden Tag weiter zu graben. Dadurch kam alles sehr in Verzug. Russische Kriegsgefangene mussten weitergraben – dann wurden alle toten Häftlinge in diesem Massengrab verscharrt.13

Am Abend des 11. April 1945 wurden alle noch lebenden Häftlinge von den Wachmannschaften er-schossen. Die Hinrichtung fand unter offenem Himmel auf dem Güterbahnhof statt. Die Polizei sperrte den Bereich ab, doch niemand war um Geheimhaltung bemüht. Es wird vermutet, dass ca. 60 bis 80 Männer bei diesem Massaker starben, deren Leichen am nächsten Tag am gleichen Ort vergraben wurden.14 Fünf Monate nach Kriegsende wurden die Leichname im Oktober 1945 von ehemaligen Lüneburger NSDAP-Mitgliedern unter der Leitung eines französischen Offiziers und eines Lüneburger Arztes exhumiert: aus dem Massengrab wurden 244 Leichname geborgen, darunter zwei weibliche, was rätselhaft ist, da es in Wilhelmshaven keine weiblichen Gefangenen gab.15 Weitere zwölf Leichname wurden in der Nähe des Massengrabs gefunden: zwei russische Kriegsgefangene, von denen man annahm, dass sie während des Bombenangriffs wegen Plünderei erschossen worden waren und zehn jüdische Häftlinge, die vermutlich bei einem Transport von Bergen-Belsen nach Theresienstadt gestorben waren.  

Alle 265 Leichname wurden in Särge gebettet und am Ort des heutigen Mahnmals begraben, zunächst mit einem individuellen Kreuz für jedes Grab.  Die Trauerfeier mit der Beisetzung fand am 3. Oktober 1945 mit einem Rabbi, einem katholischem Pfarrer und einem evangelischen Pastor statt. 
Nach 1955 wurden die Kreuze durch einen Gedenkstein und zwei Texttafeln über das Schicksal der Toten ersetzt. Heute liegen nur noch 167 Menschen am Mahnmal begraben, denn bis 1959 veranlassten die Familien und Organisationen der ehemaligen französischen, belgischen und italienischen Häftlinge, die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen in die Heimat zu überführen.

Seit 1948 kommen jedes Jahr um Himmelfahrt Mitglieder der französischen Amicale de Neuengamme zum Mahnmal Tiergarten zu einer Kranzniederlegung- im Rahmen einer fünftägigen Reise zu den Stätten der Verfolgung in Norddeutschland.
Heute wird öffentlich diskutiert, ob die Gedenkstätte wieder in ihren ursprünglichen Zustand mit einzelnen Kreuzen zurückversetzt werden soll. Die Stadt Lüneburg findet jedoch „es ist gut so wie es derzeit ist.“  

1 De Vries, Immo: Kriegsverbrechen in Lüneburg: Das Massengrab im Tiergarten, Lüneburg: Geschichtswerkstatt Lüneburg, 2000. S. 8
2 Hertz- Eichenrode, Katharina (Hrsg): Ein KZ wird geräumt- Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung Band 2: Karten Bremen: 2000, (Anhang Nr. 1 bis 6)
3 Borgsen, Werner und Klaus VollandStalag X B Sandborstel . Zur Geschichte eines Kriegsgefangenen- und KZ –Auffanglagers in Norddeutschland 1939- 1945, Bremen 1991, S. 173.
4 Kaienburg Hermann, Das Konzentrationslager Neuengamme 1938- 1945, Bonn: Dietz, 1997, S. 167
5 De Vries, Immo: a.a.O.  S. 11 ff.
6 Es sind nur 3 Häftlinge namentlich bekannt, die den Krieg überlebten: Harold Le Druillenec, Henri Didier und Michael Bourgeois.
7 De Vries, Immo: a.a.O.. S. 17
8 Ebd. Und: C. Pless, Helmut: Lüneburg `45 Lüneburg: Verlag der Lüneburger Landeszeitung, 1979. S. 52 ff.
9 C. Pless. Helmut: a.a.O., S. 61 
10 C. Pless, Helmut: a.a.O., S. 52, 53, 60, 61
11 Pelc, Ortwin: Kriegsende in Hamburg, Hamburg: Ellert & Richter Verlag, 2005. S. 162
12 De Vries, Immo: a.a.O.,  S. 30
13 Ebd. S. 38
14 Ebd. S. 43
15 Ebd. S. 47

Quellenverzeichnis:

Literaturverzeichnis:

Borgsen, Werner und Klaus Volland: Stalag X B Sandborstel . Zur Geschichte eines Kriegsgefangenen- und KZ –Auffanglagers in Norddeutschland 1939- 1945, Bremen 1991.

Hertz- Eichenrode, Katharina (Hrsg): Ein KZ wird geräumt- Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Bremen: 2000

Kaienburg Hermann, Das Konzentrationslager Neuengamme 1938- 1945, Bonn: Dietz, 1997

Pelc, Ortwin: Kriegsende in Hamburg, Hamburg: Ellert & Richter Verlag, 2005. 

C. Pless, Helmut: Lüneburg `45 Lüneburg: Verlag der Lüneburger Landeszeitung, 1979. 

De Vries, Immo: Kriegsverbrechen in Lüneburg: Das Massengrab im Tiergarten, Lüneburg: Geschichtswerkstatt Lüneburg, 2000. 

Zeitungsartikel:

Kein Zurück beim Gedenken; in: Landeszeitung für die Lüneburger Heide vom 13./14. Oktober 2012 (Nr. 240), S. 46

Es gibt Kriegsopfer erster und zweiter Klasse in Lüneburg; in: Landeszeitung für die Lüneburger Heide vom 17. Oktober 2012 (Nr.243) S. 14

Internetseiten:

http://www.missingpages.co.uk/holocaust.php, 15.10.12
http://www.lueneburg.de/desktopdefault.aspx/tabid-83/8356_read-28787/ 15.10.12
http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/index.php?id=2489&tx_ngaussenlager_pi1[aid]=322 15.10.12
http://www.erinnerungundzukunft.de/index.php?id=373 15.10.12 


Anhang


Quelle: Hertz- Eichenrode, Katharina (Hrsg): Ein KZ wird geräumt- Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Bre-men: 2000. Band 2: Karten (Anhang)


Quelle: Hertz- Eichenrode, Katharina (Hrsg): Ein KZ wird geräumt- Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Bre-men: 2000. Band 2: Karten (Anhang)



 


Quelle: Landeszeitung der Lüneburger Heide vom 13./14. Oktober 2012 (Nr. 240), S. 46


Quelle: Landeszeitung der Lüneburger Heide vom 17. Oktober 2012 (Nr.243) S. 14


Quelle: Eigene Bilder


Quelle: Eigene Bilder


Quelle: Lüneburger Zeitung vom 11. April 1945 zitiert in: Pelc, Ortwin: Kriegsende in Hamburg, Hamburg: Ellert & Richter Verlag, 2005, S. 162

 


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