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Friedenspfad - Ein Stadtrundgang zu Denkmalen und Orten des Gedenkens in Lüneburg

Reiterdenkmal für die Toten des 2. Hannoverschen Dragoner-Regiments Nr. 16

Vorbemerkung: Während unserer ersten Sitzung im Seminarfach an der Wilhelm-Raabe-Schule zogen wir an einem schönen Spätsommernachmittag im September 2012 in die Stadt, um uns einige Denkmale in der Lüneburger Innenstadt anzugucken.

Am Reiterdenkmal im Clamart-Park angekommen, ließen wir das Denkmal auf uns wirken, um-schritten es und lasen Inschriften, als plötzlich, auf die Tafel an der Westseite des Denkmals wei-send, eine Schülerin bemerkte, einer der gefallenen Dragoner, derer dort gedacht wird, dieser dort, Herbert Holle, das sei übrigens ihr Urgroßonkel.
In den nächsten Wochen machte sich Ina Holle auf den Weg, mehr über dessen Schicksal in Erfahrung zu bringen. Die Familie ihres Großvaters (Neffe von Herbert Holle) in Hamburg wurde kontaktiert, Feldpostbriefe, Zeichnungen und Unterlagen hervorgeholt, in Sütterlin verfasste Briefe von Kriegskameraden und Tagebücher der Großmutter transkribiert, der posthum verliehene Orden der Stadt Hamburg aufgefunden.
Die Schülerin trug all dies zusammen und goss es schließlich in den Vortrag, der nachfolgend verschriftlicht ist. Gespannt hörten Schüler und Lehrer des Kurses zu – plötzlich waren Kriegsleid, Gefangennahme und Tod kein entferntes Abstraktum eines vor fast 100 Jahren erlebten Krieges; plötzlich gab es über unsere (Mit-) Schülerin eine direkte Verbindung zu den konkreten Kriegshandlungen, den Lebensbedingungen in der Gefangenschaft, letztlich zum Kriegstod, die unter die Haut ging. Plötzlich fühlten wir uns unmittelbar betroffen von unserer Geschichte, von Krieg und von Frieden. Aus Lehrersicht ein Moment, der im frühen 3. Jahrtausend – selbst im Geschichtsunterricht – selten so erlebbar ist.
Dr. Michael Ebert

„Schicksal von Herbert Holle (gefallen 1915) aus Sicht der Familie“

von Ina Holle (Wilhelm-Raabe-Schule)

Als Grundschülerin schaute ich mir das Denkmal „Dragoner-Ehrenmal“ im Clamart-Park an und las mir die Namen der Gefallenen durch, da sprang mir der Name Herbert Holle ins Auge. Und ich fand heraus, dass dies mein Urgroßonkel war. Im Gespräch mit seinem Neffen, meinem Großvater, wurde klar, dass noch viele Briefe aus der Zeit des Ersten Weltkrieges vorhanden sind. Diese erläutern das Leben von Herbert.

Am 13. August 1895 kam Herbert Holle in Hamburg zur Welt. Seine Kindheit verbrachte er in einem schönen Haus an der Alster mit seinen Geschwistern E. (*03.05.1894) und W. (*17.02.1893). Er liebte es zu segeln, Musik zu machen und zu reiten. Zur Schule ging er auf das Johanneum in der Innenstadt von Hamburg. 1914, als Herbert achtzehn Jahre alt war, meldete er sich zusammen mit seinem Bruder freiwillig zu der Kavallerie in Lüneburg zum Kriegsdienst. Daraufhin wurden die beiden Brüder Mitglieder der Reserve Kavallerie-Abteilung 78. 1 Mit ihrem Regiment kämpften sie an der Ostfront gegen die Russen. Der Vater Alfred Holle versuchte dann in der Zeit des Krieges durch Briefe Kontakt zu seinen Kindern aufzunehmen. Werner Holle wurde schnell verletzt und kam mit einem Schuss durch seinen Oberschenkel wieder nach Hause, denn damit war er kampfunfähig. Zu seinem jüngsten Sohn war dagegen der Kontakt sehr schlecht, da man nie genau wusste, wo sich Herbert befand. Dennoch schafften sie es in Kontakt zu bleiben.
Die ersten Briefe, die Alfred Holle geschrieben hatte, um zu erfahren, wo sich sein Sohn befand, wurden ungeöffnet einfach wieder zurück geschickt. Dies passierte öfters, da es einfach oft keine Auskünfte gab. Am 18.05.1915 schrieb ein Herr Eberhard (wer diese Person ist, kann ich leider nicht genau sagen, da hierfür keine Angaben gegeben sind) einen Brief an Alfred Holle, dass sein Sohn während eines Hinterhaltes von russischen Kosaken in Gefangenschaft geraten sei. Doch er solle froh sein, da Herbert wohlauf sei und lebe, nicht so wie zwei seiner Kameraden, die bei dem Geschehen um ihr Leben kamen. Dazu machte Eberhard ihm noch Hoffnung, da im Winter schon mal einer von ihnen von den Kosaken gefangen genommen wurde und dieser befreit werden konnte. 2 Darauf folgten noch zwei Briefe von Fhr. v. Grüther am 21.05.1915 3 und von Lühmann am 30.05.19154, darin wird der Überfall noch einmal genauer erläutert. Herbert war mit vier anderen Soldaten und dem Unteroffizier Hammer als Relaisposten eingesetzt. Sie  wurden am 11.05.1915 von russischen Kosaken überfallen. Hammer und Holle wurden in Gefangenschaft genommen, zwei starben und zwei entkamen. 
Am 28.05.1915 5 schrieb Herbert endlich einen Brief an seine Eltern, nun berichtete er selbst, was geschehen war und wie es ihm zurzeit ging. Herbert war gesund und schon seit 14 Tagen unterwegs, mit Problemen wie Läuseplage. Dies stellte sich als ein nicht so großes Problem dar, denn es wurde von den Kosaken versucht, die Plage zu verhindern, das hieß für Herbert und seine Kameraden, dass sie ein heißes Bad genießen durften. Von Hammer, dem Unteroffizier, wurde er getrennt, doch fand er schnell neue Kameraden, denn Kameradschaft sei laut Herbert das Wichtigste. Seine größere Sorge war sein Gewissen, dass er nicht für sein Vaterland gestorben sei und es auch nicht geschafft hatte, seinen Gegner zu besiegen, sondern dass er gefangen genommen wurde. Er schrieb, dass man dies vielleicht Feigheit nennen könnte, doch er hoffte, es dort wieder raus zu schaffen und weiter zu kämpfen. Wo er sich genau zu dem Zeitpunkt befand, durfte er nicht schreiben, doch sobald er es dürfe, würde er seinen Vater bitten, dass er ihm Geld zukommen ließe, da das Geld knapp sei. 

Ab dem Zeitpunkt liegen mir keine Briefe mehr vor oder es wurden keine mehr geschrieben. Am 07.07.1916 6 benachrichtigte der Hamburgische Landesverein vom Roten Kreuz den Vater, dass sein Sohn an Dysenterie am 14.08.1916 gestorben sei, dazu gelegt war eine Todesurkunde. Wenn man sich dann aber die Daten anguckt, wird es unklar, denn der Brief des Roten Kreuzes ist vor dem genannten Todesdatum geschrieben, also trifft dies nicht völlig zu. Am 22.07.1916 7 wurde ein Bericht über den Tod Herberts geschrieben. Dort heißt es, er sei am 27.08.1915 gestorben. Er musste trotz seiner Thyphuskrankheit im Schacht weiter arbeiten, am 09.08.1915 wurde er dann wegen heftigen Unwohlseins zurücktransportiert und lag 14 Tage im Lager, bis er in ein Lazarett kam und nach vier Tagen starb. Zu diesem Bericht wurde eine erstaunlich gute Zeichnung von Herberts Grab gelegt. Das Todesdatum stimmt mit dem der Gedenktafel in der St. Michaelis Kirche Lüneburg überein. 8 Am 25.10.1916 9 stellte das Rote Kreuz in Kopenhagen einen Schein aus, in dem steht, dass Herbert gesund sei, und dies mehr als ein Jahr nach seinem Tod.

 

Herbert Holle wurde vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg für sein „Verdienst im gegenwärtigen Kriege“ am 08.06.1916 das Hamburgische Hanseatenkreuz verliehen und bekam ein Besitzzeugnis. 10 Dazu wurde er wie alle Gefallenen der Kavallerie-Abteilung 78, die 1914-1918 bei der Abteilung gestorben waren, auf der Tafel des Denkmals verewigt.
 


Fast hundert Jahre sind sie alt, Briefe aus dem ersten Weltkrieg. Wenn man darüber genauer nach-denkt, ist es wirklich erstaunlich, dass in der Zeit überhaupt Briefkontakt möglich war und diese jetzt noch lesbar sind. Es war sehr interessant das Leben meines Urgroßonkels aus der Sicht der Briefe zu sehen. Denn sein Schicksal ist identisch mit vielen, vielen anderen und deren Familien, die ihre Söhne verloren haben. Dazu ist es überlegenswert: Nur durch die Verletzung meines Urgroßvaters musste er nicht mit seinem Bruder an die Front, überlebte den Krieg und gründete später eine Familie. So hatte ich eine Chance, irgendwann auf die Welt zu kommen.
 

1 Brief aus Familienunterlagen Hamburg den 12.04.1975 E. Holle-Y. Holle
2 Brief aus Familienunterlagen, Zolpt – den 18.05.1915- Eberhard-Holle
3 Brief aus Familienunterlagen, bei Rossienie – den 21.05.1915 – Grüther-Holle
4 Brief aus Familienunterlagen,  Rossienie – den 30.05.1915 – Lühmann-Holle
5 Brief aus Familienunterlagen,  Unbekannt – den 08.08.1915 – Herbert-Familie
6 Brief aus Familienunterlagen, Hamburg- den 07.07.1916-  Rotes Kreuz-Holle

7 Brief aus Familienunterlagen- Krasnogarsk – den 22.07.1916- Bericht-Holle
8 http://www.denkmalprojekt.org/dkm_deutschland/lueneburg_st_michaelis.html
9 Brief aus Familienunterlagen- Kopenhagen – den 25.10.1916 – Rotes Kreuz-Holle
10 Brief aus Familienunterlagen – Hamburg – den 08.06.1916 – Senat-Holle
 


Anhang


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