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20a Denkmal für die Toten der 110. Infanterie-Division
Die 110. Infanterie-Division wurde in Lüneburg im 2.Weltkrieg 1940/1941 im Zusammenhang mit der Planung des Überfalls auf die Sowjetunion aufgestellt. Das sog. „Unternehmen Barbarossa“ begann am 22. Juni 1941 und endete mit der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands am 8. Mai 1945. Der 2.Weltkrieg hat mehr als 55 Millionen Menschen das Leben gekostet und weite Teile Europas zerstört.
Der Krieg im Osten, verbunden mit einer dreijährigen Besatzungszeit, wurde besonders grausam – auch gegenüber der Zivilbevölkerung – geführt. Historiker sprechen von „Vernichtungskrieg“. Die Kriegsopfer der Sowjetunion betrugen 27 Mio. Menschen (13 Mio. Soldaten, 14 Mio. Zivilisten), Deutschland hatte 6,35 Mio. Tote zu beklagen (5,18 Mio. Soldaten, 1,17 Mio. Zivilisten).
Das ganze Ostheer der Wehrmacht – drei Heeresgruppen mit u.a. 145 Divisionen – bestand aus 3,05 Millionen Soldaten.
Die Soll-Stärke der 110. Infanterie-Division wurde auf 15.000 Soldaten festgelegt. Am 22. Juni 1944 gehörten zur Division noch etwa 10.500 Mann. Im Sommer 1944 wurde die Heeresgruppe Mitte durch die Rote Armee zerschlagen. Im Zuge dieser „schwersten und verlustreichsten Niederlage der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg“ (so der Historiker Christian Gerlach) wurde auch die 110. Inf. Div. in der Kesselschlacht südwestlich von Minsk am 7. Juli 1944 vernichtet. Nur 16 Offiziere sowie 280 Unteroffiziere und Mannschaften konnten entkommen. Das führte zum „Trauma der 110. Infanterie-Division“ und zur auf die Antike verweisenden Inschrift des Gedenksteines „Es sage keiner, dass unsere Gefallenen tot sind“. Ja, wir müssen die Verdrängung aufheben: Sie sind tot, gestorben in Krieg oder Gefangenschaft, nachdem sie selbst als Teil einer ungeheuer großen Armee Vernichtung und Gefangenschaft über Menschen in der Sowjetunion gebracht haben. Soldaten und Zivilisten wurden in der verbrecherischen deutschen Kriegsführung als „Menschenmaterial“ bezeichnet und kalkuliert.
Die 110. Infanterie-Division gehörte bis Sommer 1944 zur 9. Armee, die Teil der „Heeresgruppe Mitte“ war. Die deutsche Wehrmacht an sich war nicht nur kämpfende Truppe, sondern zwischen 1941 und 1944/45 auch Teil der Besatzungsmacht. Neben SS- und Polizeitruppen war auch die Wehrmacht beteiligt an Kriegsverbrechen, deren ungeheure Ausmaße erst seit den 90er Jahren durch die Geschichtsforschung immer mehr offen gelegt worden sind. Die Historiker PD Dr. Christoph Rass (Universität Osnabrück) und Ingo Deloie, M.A. (Universität Aachen), haben nachgewiesen, dass im Jahr 1944 auch Einheiten der 110. Inf. Div. an Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung in den Lagern von Osaritschi (Weißrussland) beteiligt gewesen sind. In diesem Komplex von Todeslagern wurden im März 1944 mehr als 50.000 weißrussische Zivilisten als „nutzlose Esser“ (Rass/Deloie) eingesperrt. Mehr als 9.000 von ihnen starben an Unterernährung, Entkräftung und Seuchen. Andere Zivilisten wurden auch zu dieser Zeit noch als Zwangsarbeiter für rückwärtige Frontgebiete sowie das Reichsgebiet verschleppt, weisen die Historiker nach. Auf diese Erkenntnisse nimmt auch der aus einem Forschungsprojekt von Rass entstandene Film „Osaritschi“ Bezug, den die Lüneburger VVN/BdA im Mai 2015 im Lüneburger Scala-Kino aufgeführt hat.
Zur jüngeren Erinnerungsarbeit in Lüneburg gehört auch die folgende Initiative: Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Lüneburgs (ACK) hat von 2004 bis 2007 jährlich in Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt und der VVN-BdA/Lüneburg je eine Gruppe von ehemaligen Zwangsarbeitern aus osteuropäischen Ländern nach Lüneburg eingeladen, auch aus Weißrussland im Jahre 2006.
Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund (IBB) und in Minsk (IBB „Johannes Rau“) sind Träger einer Geschichtswerkstatt, die Gedenkstättenarbeit in Weißrussland fördert. Es wird erinnert an die jüdischen Ghettos, die Vernichtungsstätte Trostenez, wo mehr als 200.000 Juden, Kriegsgefangene, Partisanen und Untergrundkämpfer aus der Region von Minsk umgebracht wurden. Auch die Erinnerung an ein „Kinder-KZ“ in Krasny Berg wird lebendig gehalten, wo 3000 belarussische Kinder während des 2. Weltkrieges von den Nazis als Blutspender für verwundete deutsche Soldaten dienten oder zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden.